Warmia

Die Heimat der alten Warmier steht über ihre landschaftlichen Vorzüge hinaus vor allem im Interesse geschichtlichen Erbguts.
Die kulturelle Rundreise antretend in der warmia-masurischen Verwaltungsstadt Olsztyn/Allenstein (170.000 Einwohner), wird der Tourist auf eine verschiedenartig polnisch, deutsch, russisch und lettisch beeinflusste Stadt am Fluss Rynek stoßen, deren Lücken im Zentrum nach Kriegsende zwar unglücklicherweise mit öden Betonblöcken geflickt wurden. Vereinzelte erhaltene Backsteinhäuser und Attraktionen wie das gotische Hohe Tor/Brama Wysoka trösten jedoch über die architektonischen Einbuße hinweg.

  Masurische Seen
Stadtzentrum von Olsztyn/Allenstein mit Schloss

Das Tor im Rücken residieren am Ufer des Rynek noch mehrere Bauten aus längst vergangenen Tagen, darunter das preußische Rathaus und die katholische Kathedrale (16. Jh.), eine ehemalige Pfarrkirche.
Den nachhaltigsten Eindruck hinterlässt die im 14. Jahrhundert errichtete Burg mit ihrem derzeitigen volkskundlichen Museum Warmias und Masurens. Regionale Trachten, Möbel sowie das traditionelle Kunsthandwerk können hier begutachtet werden. Des Weiteren existieren ein Themenkomplex zum Widerstand der Warmier gegen die Deutschen, eine archäologische Sammlung von Ausgrabungsobjekten und eine pruzzische Granitfigur. Mehrere Instrumente (u.a. eine Sonnenuhr) des Astronoms und Anfang des 16. Jahrhunderts amtierenden ermländischen Verwalters Nikolaus Kopernikus werden der Öffentlichkeit in dessen Privatgemächern im Südwestflügel der Burg gezeigt. Zum sprichwörtlichen Höhepunkt der Besichtigung gewährt der hiesige Burgturm einen grandiosen Rundblick über die Stadt, das Lyna/Alle-Tal als auch auf das kolossale Amphitheater vor den Festungsmauern, Bühne vieler sommerlicher Konzerte und Theaterstücke.
Die nahe befindliche protestantische Kirche im neugotischen Stil mag die letzte reizvolle Station in Allenstein sein ehe sich der Urlauber den umliegenden herrlichen Seen und Wäldern zuwendet.

Westlich der Großen Masurischen Seen beispielsweise aalt sich der Ferienort Mragowo/Sensburg (20.000 Einwohner) mit seinem üppigen Übernachtungsangebot im Mittelpunkt von 18 Seen! Im dortigen Amphitheater begeistert regelmäßig im Juli ein internationales Country-Festival seine Gäste.
Wie wäre es stattdessen mit einigen Luftaufnahmen? In der Nähe auf dem benachbarten kleinen Flughafen sollte man die Chance eines atemberaubenden Rundflugs nutzen.
Das Geburtshaus und Museum des Autors Ernst Wiecherts im Nachbarort Lesncitwo Pierslawek/Kleinort besucht man indes besser zu Fuß.
Westlich von Mragowo wiederum führt der Fluss Krutyna vorbei an Sorkwity/Sorquitten samt seinem neogotischen Schloss über 100 Kilometer bis nach Ruciane-Nida. Tatsächlich handelt es sich hierbei um eine der attraktivsten Bootsrouten Polens.
Eine imposante Kreuzritterburg aus dem Jahre 1329 ist der ganze Stolz von Ketrzyn/Rastenburg (30.000 Einwohner). Ihre Räumlichkeiten dienen gegenwärtig dem städtischen Museum. Geschichtsträchtige Züge tragen ebenso die Stadtkirche St. Georg und die Wehrkirche (mit 48 Meter hohem Turm), welche im Hochmittelalter zur städtischen Befestigungsanlage gehörte.

In Gierloz/Görlitz überdauert ein kriegerisches Kapitel jüngerer Zeitrechnung, weilen doch hier die Trümmer der gesprengten Nazi-Bunkeranlage "Wolfsschanze".

Besucher des vom Deutschen Orden gegründeten Lidzbark Warminski/Heilsberg (13.000 Einwohner) strömen einerseits zur majestätischen Kirche St. Peter und Paul (spätes 15. Jh.), andererseits zur berühmten Burg. Von 1350 bis Mitte des 19. Jahrhunderts palastartiger Sitz der Bischöfe von Ermland, wirtschaftet hinter der backsteinernen Fassade nun ein Museum.
Als prachtvollster Sakralbau der Woiwodschaft gilt gleichwohl die barocke Wallfahrtskirche Swieta Lipka/Heilige Linde zwischen Reszel und Ketrzyn. Bekannt für ihre zwei Türme und ihre kostbare Orgel aus dem frühen 18. Jahrhundert, wird die Swieta Lipka aber vorwiegend anlässlich der hiesigen Marienverehrung von Gläubigen aufgesucht.
Beschränkt man sich auf die Maße, so sei mit dem Kollegiatsstift (14. Jh.) von Dobre Miasto/Guttstatt (11.000 Einwohner) nach dem Dom von Frombork die zweitgrößte Kirche Ermland-Masurens erwähnt. Unbedingte Aufmerksamkeit verdient in jedem Fall ihr Hochaltar. Eine harmonische Atmosphäre empfängt den Gast in Reszel/Rößel (4.000 Einwohner), wo gepflegte Bürgerhäuser den Marktplatz säumen und die restaurierte Bischofsburg aus dem 14. Jahrhundert Kunstfreunde in die dortige Galerie lockt.

Die Ruinen der Ordensburg von Szczytno/Ortelsburg werden alljährlich durch das traditionelle Ritterturnier reanimiert. Beim Angriff der Litauer anno 1370 brannte die original hölzerne Konstruktion nieder und wurde durch eine Nachbildung aus Steinen und Ziegeln ersetzt. Im Laufe ihrer Geschichte erfüllte die Burg unterschiedliche Funktionen, war den preußischen Kreuzrittern eine Militär- und Verwaltungszentrale, nach 1581 Waidmannspalast der Preußenfürsten, zwischen 1628 und 1639 selbst Jagdresidenz des Königs Wladyslaw IV und wehrte zuletzt im polnisch-schwedischen Krieg von 1656 die Tataren ab. Seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert verwaist und verkommen, wurde der Burg mit dem Heimatmuseum des Kreises Ortelsburg seit 1925 und mit dem Masurischen Museum von 1945-1948 eine neue Aufgabe zugeschrieben.
Da sich der gravierende Verfall ihres Gemäuers allerdings nicht verhindern ließ, ist die Szczytno-Burg seit 1992 lediglich als befestigte Ruine zu besichtigen. Das Masurische Museum logiert heute im Turm des angrenzenden Rathauses.

Als beliebtes Segelgebiet oder auch Miniaturausgabe des populäreren Mikolajki sei sowohl dem Sportler als auch dem gemütlichen Naturliebhaber Sztynort/Steinort zwischen Sztynort-See, Dargin-See und Kirsajty-See angepriesen. Mit seinen ausgedehnten Anlegestellen sowie den romantischen Wander- und Radwegen entspricht dieses adrette Dorf sicher beiden Urlaubstypen. Die einen mögen sich der Schönheit des Lehndorffschen Barockpalasts (17. Jh.) im dazugehörigen Park mit alten Baumbeständen hingeben. Die anderen bevorzugen nach ihren Segeltörns die "Zeza" in einem der aus dem 18. Jahrhundert stammenden Wirtschaftsgebäude. Diese masurische Seglerkneipe gilt als beste Adresse Steinorts für garantiert stimmungsvolle Abende bei Shanties und Seemannsgeschichten, Bier und dem Sztynorter Kräuterschnaps an urtümlichen Holzbohlentischen.

Einen klaren Kopf ließe sich bei einer Exkursion ins Mokre-Reservat auf der Landzunge des Dargin-Sees bekommen. Und sollte zwischen Erlen, Eschen, Eichen oder Fichten plötzlich ein Elch erscheinen, so ist dies keineswegs auf die Nachwirkungen des Kräuterschnaps zurückzuführen!

 

 

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